geschichte der haube

Im 14. Jahrhundert brach die Zeit der Hauben an, sie waren ein fester Bestandteil der weiblichen Kleidung. Als Ausgangsmaterial wurde Leinen, Wolle, Pelz oder Leder verwendet. Hauben wurden zum Schutz vor Kälte und Regen sowie zum Erhalt von Sitte und Moral getragen; später symbolisierten sie auch Schönheit und Anmut ihrer Trägerin. Eine Frau, welche ihre Haare offen trug, signalisierte der Öffentlichkeit, dass sie nicht vergeben war. Die Redewendung „unter die Haube kommen“ meinte damals also, dass eine Frau bald heiraten werde und von da an eine Haube zu tragen habe. 

Während im 17. und 18. Jahrhundert auf dem Land, neben wenigen Hauben mehr Kopftücher getragen wurden, gingen die reichen Städterinnen nur „gut behütet“ auf die Straße. Die Vorfahrin der Goldhaube, die „Böndelhaube“, war aus schwarzem Samt mit einer breiten goldenen Spitze; sie hatte ihren Ursprung um 1779 in den damaligen „Modezentren“ Passau und im Land ob der Enns. 

In den folgenden Jahren entwickelten sich Hauben in verschiedenen Stufen. Ein großer Wandel trat zwischen 1800 und 1805 ein; ihre heutige Form erhielt die Goldhaube um 1820. In der Sammlung des bayerischen Juristen, Historikers und Archivars Felix Joseph von Lipowsky findet sich eine Lithographie, die Passauer Frauen um 1820 in ihrer glänzenden Tracht vorstellt.

Nach dem Wiener Kongress (1814/1815) war es auch dem gewöhnlichen Bürgertum gestattet sich mit Gold zu schmücken. Gold zeichnet sich bis dato durch Beständigkeit, leichte Verarbeitung, Glanz und Schönheit aus; nicht nur in der Biedermeierzeit war es ein Statussymbol und ein Zeichen führender Gesellschaftsklassen.
Der Wert einer Haube wurde gerne mit dem eines Rossgeldes aufgewogen, daher spracht man oft auch vom sogenannten „Rosswert“. Je größer der Knauf und je reicher die Haube bestickt war umso größer war der Hof ihrer Trägerin. 

Für kurze Zeit verlor die Tracht an Aufmerksamkeit, sie wurde gebietsweise auch von den oberbayerischen Riegelhauben abgelöst. Nach dem zweiten Weltkrieg gründeten sich im südlichen Niederbayern und Oberösterreich wieder zunehmend Goldhaubengruppen, welche die schöne Bürgerstracht aus der Biedermeierzeit erneut zu der ihr gebührenden Ehre, brachten. Die Goldhaubentracht zeigt seit jeher die enge Verbundenheit von „drent“ und „herent“. Stolze Bürgerinnen von Passau und dem östlichen Niederbayern, donauabwärts bis Wien, tragen bis heute ihre prächtigen Hauben und Kleider mit viel Liebe und Leidenschaft.  

Die Goldhaube ist nicht nur ein Schaustück, sondern gerade auch eine Zeugin alter Volkstradition. Die Passauer Goldhaubenfrauen erhalten mit dem Tragen ihrer Tracht ein Stück Kultur, das sie nicht nur aufgrund ihrer äußeren Schönheit wegen pflegen. Sie suchen die Seele ihrer Tracht und versuchen deren Geist über Generationen hinweg zu erhalten. 

Die Alt-Passauer Goldhaubengruppe e. V. gehört als einziger Verein Niederbayerns zu den historischen Trachten von Altbayern. Am 16.12.2014 wurde die Goldhaubentradition im Passauer Land in das Bayerische Landesverzeichnis durch das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Die Goldhaubengruppen im Passauer Land haben 2015 den Kulturpreis des Landkreises Passau erhalten.

Herstellung der haube

Zur Biedermeierzeit wurde die Goldhaube von Hutmacherinnen gearbeitet, heute stickt sie jede Goldhaubenfrau selbst oder hat das Glück sie zu erben bzw. aus alten Beständen aufzukaufen. Das Sticken erfordert viel Fingerspitzengefühl und Ausdauer. In Stickkursen kann man die Fertigkeiten erlernen und wird durch fachliche Beratung bei der Herstellung unterstützt. Gestickt wird auf einem 15 x 115 cm breiten, eingespannten Band, das aus feinst gewalztem Goldgespinst gewebt wurde. Das Muster wird auf Seidenpapier gezeichnet und kann nach Wunsch der Stickerin gewählt werden. Keine Haube gleicht der anderen, jede ist für sich ein Unikat und filigranes Meisterwerk. Das Material besteht heute aus Kupfer, das im galvanischen Verfahren mit 18 Karat vergoldet wird. Pro Haube sind mit 300-400 Arbeitsstunden und Kosten von 1200-2500 Euro zu rechnen. 

Neben der Goldhaube wird in der gleichen Form auch die schwarze Perlhaube getragen. Die Perlhaube war früher eine kostengünstigere Alternative, heute wird sie mit Swarovski Steinen bestickt und hat daher einen nicht wesentlich geringeren Wert.

Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist die Mädchenhaube vorbehalten. Die Mädchenhaube wird ähnlich wie die Goldhaube, aber auf einem wesentlich kleineren Goldband gestickt, sie hebt sich deutlich durch ihre Form von der großen Schwester ab.

1.
In einem ersten Schritt werden die Borte und ein vergoldeter Vorlauffaden aufgenäht. Das Seidenpapier kann dann vorsichtig entfernt werden.
2.
Bevor die Folien mit Goldbouillondraht dreidimensional am Band aufgenäht werden, müssen mit einer Ahle Löcher eingeschlagen werden.
3.
Das Grundgerüst wird aufwendig mit Flitter, Folien und Perlen ausgefüllt.
Bei der Perlhaube wird ohne Seidenpapier gestickt. Das zu bestickende, schwarze Tüllband gibt die Möglichkeiten des Musters vor. Die Stickerin sollte sich dadurch inspirieren lassen.
Bei der Perlhaube wird überwiegend der untere Teil ausgefüllt. Der obere Teil verschwindet optisch, beim Raffen des Bandes fast vollständig.
4.
Nach dem Besticken wird das Band gerafft und auf einem Drahtgerüst aufgenäht.
5.
Je nach Kopfgröße werden die beiden Flügel entsprechend weit zusammengenäht, der Flügel wird zum Abschluss mit einer Schleife aus Web-, Klöppel- oder Tüllspitze verziert.
6.
Der Knauf wird unabhängig vom Band angefertigt und als Abschluss an der Haube befestigt. Er muss dreidimensional mit Filzpolstern unterlegt gestickt werden, damit er seine runde Form erhält.
7.
Besonders diffizil ist hier das Sticken auf sehr engem Raum, er nimmt damit die meiste Zeit seiner Stickerin in Anspruch. Der Knauf ist nicht nur das prunkvollste Stück der Goldhaube, sondern auch das am schwierigsten zu fertigende Element.
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goldhaubentracht

Das Festkleid zur Goldhaube ist ein sogenanntes „Bürgerkleid“ aus der ersten Hälfte des Biedermeier. Erbstücke aus dieser Zeit werden immer weniger und können heute, aufgrund ihres Alters kaum mehr getragen werden. Handwerklich begabte Frauen nähen sich ihr Seidenkleid mit fachkundiger Hilfe in Nähkursen selber, weniger versierte Damen geben Ihr Kleid bei einer Trachtenschneiderin in Auftrag. Als Vorlage dienen meist historische Schnitte. Jedes Kleid ist ein Unikat und wird auf das Maß der Trägerin passgenau zugeschnitten. Unzählige Arbeitsstunden und wertvolle Materialien führen dazu, dass sich der Preis für ein Goldhaubenkleid oft im vierstelligen Bereich bewegt.  

Das Goldhaubenkleid muss bodenlang sein. Es wird in Passau ohne Schürze, als Ein- oder Zweiteiler getragen. Für die Fertigung eines Kleides braucht man ca. 6 Meter Stoff. Der Rock wird am Bund „gestiftelt“ oder in Falten gelegt. Die Kleider zeichnen sich durch lange, verzierte Ärmel, Spitzenkragen und Rüschenverzierungen aus. Sie werden aus ungemusterter, im Licht changierender Seide oder Halbseide in sanften, erdigen Farbtönen gefertigt. Ein weißer Baumwollunterrock mit Spitzenabschluss dient als hygienischer Schutz und verstärkt den locker, schwingenden Fall des Seidenrockes in A-Linie.

Die Alt-Passauer Goldhaubengruppe e. V. trägt ihre Tracht stilecht in der Zeit des Biedermeier. Ein besonderer Wert wird daher auch auf die weitere Ausstattung der Trägerin gelegt, welche bis auf wenige Ausnahme immer vollständig mitgeführt wird. 

Der Schmuck der Goldhaubenfrau sollte auf jeden Fall stilecht und aus Edelmetall sein. Modeschmuck kann zur historischen Tracht auf keinen Fall getragen werden. Ob Gold oder Silber entscheidet die Trägerin selber. Historisch belegt sind Kropfketten mit aufwendig verzierter Schließe, Granatschmuck sowie Kolliers und Ohrringe aus Schaumgold. Perlenschmuck war in der Zeit des Biedermeier sehr kostbar, da es keine Zuchtperlen gab. Stilechter Perlenschmuck mit wildgewachsenen Perlen ist daher so gut wie nicht mehr zu erwerben. Auch die Brille sollte zum Erscheinungsbild passen. Auffällige, bunte Fassungen oder gar Sonnenbrillen dürfen nicht getragen werden. 

Ein schwarzer, schlichter Glattlederschuh mit einem kleinen Absatz hat sich besonders bewährt. Der Schuh soll vom Kleid größtenteils verdeckt werden und auch bei langen Umzügen bequem sein. Große Schließen, Riemchensandalen, farbige Schuhe oder zu hohe Absätze passen nicht zum historischen Erscheinungsbild. Die Schuhe werden mit weißen Spitzenkniestrümpfen getragen.  

Der Wiener- oder Türkenschal, ein Überbleibsel aus dem Türkenkrieg 1683, besteht aus reiner Wolle oder einem Woll-Seide Gemisch. Die quadratische Form des wärmenden Tuches ist umlaufend mit geknüpften Fransen eingesäumt. Der echte Wienerschal ist mit Ornamenten gemustert, unifarbene Tücher werden zur Passauer Goldhaubentracht nicht getragen. Ältere Exemplare zeichnen sich oft durch kräftige, neue Exemplare durch harmonisch abgestimmte Farbverläufe aus. 

Ein zierlicher, schwarzer Stockschirm mit Rüschen dient nicht nur als Schutz bei Regen, sondern spendet seiner Trägerin auch Schatten. Besonders fein wirken Schirme aus Spitzenvolant. Bunte Mode- oder derbe Trachtenschirme können zur stilechten Biedermeiertracht nicht getragen werden. 

Die weißen „Handstuzerl“ werden gehäkelt oder gestrickt. Hübsche, zierliche Muster schmeicheln der weiblichen Hand besonders. Sie werden fingerlos oder mit kurzen Fingeransätzen getragen. Bei Beerdigungen tragen die Passauer Goldhaubenfrauen schwarze „Handstuzerl“.

Die Tasche sollte auf keinen Fall zu groß sein, nur die notwendigsten Dinge finden darin Platz. Sie kann in Form eines kleinen Beutels aus dem gleichen Seidenstoff wie das Kleid gefertigt werden. Besonders schön sind auch alte Perltaschen oder kleine Taschen mit feiner Gobelinstickerei (sog. „Petit Point“).

Abgerundet wird das Gesamtbild mit einem Biedermeiersträußchen aus Seidenblumen oder einem kleinen Gewürzsträußchen. Es wird eng gebunden und kann mit Goldelementen oder Goldblüten verziert werden. Das Sträußchen wird mit weißer Spitze unterlegt oder mit einem Spitzentaschentuch umwickelt. Zu Fronleichnam werden bei der Alt-Passauer Goldhaubengruppe e. V. echte Blumen verwendet. Als Zeichen der Verehrung legen die Goldhaubenfrauen am Ende der Prozession das Sträußchen bei der Gottesmutter Maria im Dom zu Passau nieder.  

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